#4 Hendrik als …?

Drei Wochen später.

Es war nicht leicht. 
Die ganzen Apps aufzugeben. 

Im Nachhinein kann Hendrik es nicht fassen, wie sehr diese kleinen, abgerundeten Kästchen auf dem Display seinen ganzen Tagesablauf bestimmt haben. Und damit sein gesamtes Leben.

Jetzt ist er froh, eine Woche komplett auf all die Notifications, Erinnerungen und Pop-Up-Nachrichten verzichtet zu haben. Von den ganzen Zahlenwerten möchte er gar nicht erst sprechen. Im Endeffekt hat das ganze Messen, Eintragen und Vergleichen sein Leben nicht einfacher gemacht. Sondern komplizierter. Vielleicht hat er sich auch einfach zu sehr darauf fokussiert.

Er hat die Apps noch immer. Zumindest Runtatstic und Headspace. YAZIO ist von seinem Handy geflogen – die App braucht er wirklich nicht. Er hatte noch nie Probleme mit seinem Gewicht. Und im Prinzip weiß er auch, was gesund ist und was nicht. Wie fast jeder Mensch. 

Und im Prinzip weiß auch jeder selbst am besten, wann er satt ist. Und wann er hungrig ist. Egal, ob drei Uhr morgens oder schon wieder kurz nach dem Mittagessen.

Seine Mahlzeiten nicht mehr so akribisch zu tracken, tut ihm wirklich gut. Auf einmal genießt er es wieder, mit Sonja und seinen Kollegen und Kolleginnen am Mittagstisch zu sitzen und italienische Salate zu schlemmen. Oder einen Iced Frappé Coffee mit Sonja zu schlürfen. 

Letztens hat er sogar herausgefunden, dass Diabetes überhaupt nicht durch Zucker ausgelöst wird. Sondern vielmehr durch zu viel Fett.

Er läuft auch wieder mit Spaß seine Runden im Park. Und zwar nach der Arbeit, am liebsten in der Dämmerung. Seine Laufergebnisse sind wieder in die Höhe geschossen. Ab und zu guckt er sich seinen Fortschritt noch mal an. Aber aus Neugier und weniger aus dem Gefühl heraus, einen bestimmten Wert erreichen zu müssen. 

Letztens kam er sogar ziemlich nah an Sonjas Pace heran. Ohne etwas dafür zu tun. Oder den Gedanken im Hinterkopf zu haben, ihre Werte übertrumpfen zu müssen.

Und Headspace? Da hat er jetzt sogar ein Abo abgeschlossen. Er meditiert beinahe täglich. Nicht weil er muss, sondern weil er sich danach fühlt. 

Morgens steht Hendrik jetzt entspannter auf. Auch auf der Arbeit lässt er sich nicht mehr so leicht stressen und wenn doch, kommt er schneller wieder runter. 

Selbst Sonja hat ihm heute Morgen gesagt, dass er besser aussehen würde: Weniger verkrampft und irgendwie erholter. Ob er denn im Urlaub war, hat sie scherzhaft gefragt. 

Nein, hat er geantwortet.

Fünf Minuten später flattert eine Mail von ihr in sein Postfach mit der Betreffzeile: Du und ich Kurzurlaub in Spanien? Daran angehängt ist eine Google-Kalender-Einladung zu einem spanischen Tapas-Restaurant für heute Abend 18:30 Uhr. 

Hendrik drückt auf annehmen.